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Erste Schritte

Sommerzeit

In kollektiver Pubertät an der Uhr drehen,

Drehe durch, drehe nach vorn!

Mal sehen, was wir morgen verkatert sehen:

Den Sommer, dein Ernst, wirklich?

Das kann nicht sein, dass ich friere.

Oder doch: Es riecht nach Gras.

Da wurde irgendwo gemäht?

Bevor die Lämmer geboren sind,

die schweigen bis zum Goldfoliensonnenaufgang der Lindt- Hasen.        

Zu verwirrt bin ich – im Morgendunkel,

im geborgenheitsdunkelsuchenden Abendhell verirre ich mich.

Ich begehre – nein: fordere – Gnade.

Sommer braucht Zeit.

Ahnung sollte heilig sein und zart.

Ein Geschenk gibt man nicht zurück.

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Irgendwo

Märzsonne flimmert durch schmutzige Fenster

Licht brennt den Staub in die Möbel

Und irgendwo denkt vielleicht einer oder eine an dich

Der Winter will nicht weichen

Einer müsste die Wand mal streichen

Dich gibt es nur für keinen wie mich

Aschermittwoch

Ackerduft, Konfettiregen,

Schneeglöckchen – Vorwegnahme

der Wiederauferstehung, krass übersonnt.

Uniformen-Kinderspiel voll Weisheit,

Masken und Felle

und Männer im Laubkleid.

Bacchanten – und dann:

Strenger Rahmen, grau,

geordnet, verascht und doch

farbig durchbrochen: Mondrian,

Hinterglasmalerei.

Ein Kirchenfenster im Sonnenaufgang,

ein Eliot-Gedicht:

These und Antithese,

glückliche Fahrt in ihrem Spiel:

osterwärts.

Aeromantist

Rotland, Gelbland, unter blauer Kuppel, schafbestanden.

Gold, das wir unter Blättern fanden.

In deiner Mitte halt ich inne, hörend,

bis noch der letzte Laut verhallt vor dem Herzschlag.

Wer streut Vogelpunkte in das blaue Zelt?

Breitet Schleier über die verdünnte Welt?

Der Sommer ist nun destilliert;

in der Mondkaraffe reift er betörend durch die helle Nacht.

Licht bricht sich in den Bäumen, nackten Ästen.

Auf den Wegen verstreute Farbenkästen.

Vom Maler nichts zu sehen:

außer einer Signatur in allen Dingen.

Winterwald

Schnee knirscht unter dir.

Stiller Moment, doch innen laut,

drüben Tierspuren schwach, Tanne blaut.

Specht hämmert

und es dämmert

fast schon wieder.

Durch Bäume flirrt das Licht,

Schnee sich um die Äste flicht.

Pfote, Spur, Feder, Gehäuse:

Sie habe ich im Wald erlernt.

Helles, kaltes Blau – Stufen von Grau.

Im Schatten dunkeln duftend Tannen.

Kopfnote von Harz

erstarrt im Wasserfall zu Quarz.

Der Wald macht sich zur Nacht bereit.

Ob es morgen wieder schneit?

Wie die Welt gebaut war

Wie die Welt gebaut war

wie sie einst geschaut war

in jungen Jahren

unermesslich, arglos, reich

Wie der Mensch gemeint war

wie er nicht verneint war

deine jungen Jahre

biegsam, sehnig, weich

Wie der Wein gedacht war

wie er ganz ohne Verdacht war

in legendären Jahren

Bernstein und Kirschen gleich

Wie dein Lachen gelacht war

wie es ohne jeden Verdacht war

in längst vergangenen Jahren

geträumt und wahr zugleich

Firenze

Grand Départ im Nebelmorgen:

Wir Jungtiere scharren im Dunkel mit den Hufen,

schütteln die Ketten wie Hannibals Elefanten

zur Sonne: da liegt sie

am Arno nach Süden, nach der Liebe.

Am Ponte Vecchio tanzt das Leben Lambretta,

Villoresi und Lampredotto vermählt

auf der Piazza.

So träume ich in Kampfer und Tinte

die vergangene Welt der Düfte.

Mach uns sprachlos!

Machst uns schlaflos:

prendiamo un caffè?

Zittrig in den Uffizien,

zehntausend Tauben

und Japaner und David:

David im lauten Hotel.

Wie in La Grande Bellezza:

Der Cinzano-Schriftzug erlischt im

Morgengrauen.

Flußwellen tragen sein Spiegelbild

neuen Tagen entgegen.