Traumlied

Das Feld, die Flugobjekte,

in die liebe vertraute Landschaft gehen wir;

sanfte Hügel, Baumgruppen, Wälder:

Was stört den Himmel? Ungesehenes, flügelbewährter

Schrecken – das Kreisen dieser Flugmaschinen, gilt das uns; schon uns?

Sich ducken in den Graben, unter das Gehölz.

Stuttgart Ost, Schlachthaus, der Zünder:

silbernes Fundstück, es entfernen oder lassen.

Der eigene Name eingraviert in das Objekt.

Ins Bild kommt der „Dokter“: In seinem dreiteiligen

Anzug drückt er sich schleimig herum am Schlachthaus;

„ach, übrigens …“

Den Rest kann man vergessen. Der Zünder bleibt nun.

Die Zeit läuft.

Die Kaffeetafel:

Hier herrscht großer Druck;

Kuchenkrümel geraten unter Fingernägel.

Nun achte darauf, dass alles sauber ist.

Und du wischst die Tafel, du wischst hinweg

die Krümel und den Druck und die Flugmaschinen und die Wunde.

Dann im Hotel – Peinlichkeit vor den

Seminarteilnehmern: Auf die Spitze treibst du

es mit der Parodie auf Champagner verspritzende Sieger,

die Magnumflasche auf Genitalhöhe macht

endgültig dich unmöglich.

Das Publikum hat Mitleid mit dem Schnarchschlafenden, so etwas

nennt man heute „cringe“.

Den Wasserspeier kann dein Hebel nicht abstellen:

Schande, Abgang.

Der Bahnhof sieht vertraut aus,

die Teilnehmer fahren ab; die Französin, elegant

wie aus der Vogue, die überrasche ich mit

einem Kuss aus dem Hinterhalt, aus der Hüfte;

unmöglicher will ich mich machen,

falls das noch möglich ist.

Warum habe ich die Schönheit der Landschaft

damals nicht erkannt? Heute strahlt sie noch

bis hinunter in die gekachelte Bahnstation.

Der Zuchtmeister züchtigt

mit bedrohlichem Blick.

Der Tag beginnt mit Staunen:

Alles ein Traum – das Leben geht weiter.

Waldhäuser Ost

Bei den Römergräbern,

Waldeingangssymphonie.

Holzfeuer raucht sich in blaukreidigen Vordämmer.

Mütter und Kinder im heimeligen Spiel –

und im Fraktal der Blätter, der classica delle foglie morte.

Da bist vielleicht auch du.

Auf den Waldhäusern,

erhobene Topologie,

dein Zimmer bewacht Trauer, kein Detail bei Strafe ein Jahr nicht verändert.

Alltagsleben vieler Busladungen von Menschen – es geht weiter.

Die Straße von Villen hangabwärts

sich windet zum geschäftigen Tal.

Ein Blick noch zur Steige des Jakob-van-Hoddis

Dann sich öffnender Schirm: Schützendes Leben umfängt.

Da warst sicher auch du.

Frühjahrsandstrahlung

Winterschlaf, der keiner war: vorüber.

Keinen trifft es ausgeschlafen.

Zum Licht ziehen, vertrauensvoll, lernen von den Schafen.

Flirrendes Land, Sonnensturm benommen,

Wüstenstaub auf den Fenstern,

Staub fällt im Zusehen auf die Möbel.

Da kannst du wischen und wischen,

du kannst ein Gedicht schreiben oder mit dem Finger ein Herz malen

auf die Fensterscheibe, ein Zeichen setzen in die Vergänglichkeit.

Drüben über dem verlassenen Bach steht der Vollmond.

Ravioli al cacao

In einem Rezeptbuch für Gedichte

fand ich

Lagunennebel, so silber und blau;

nun träume ich von ravioli al cacao.

Das Buch sprach weiter von Pancetta und

Lagrein und raunte von Genuss im blauen Ungenau

und sagte: Träume weiter von ravioli al cacao.

Nun fallen wieder die Blätter

und im Fallen noch vererben sie

ihr Sein dem Silbernebelblau,

wo gut träumen ist

von ravioli al cacao.

Ammerkinder

Lasst uns in diese Zeit des Jahres gehen,
losziehen ohne Ziel.
Lasst uns überwältigt werden
von vergessener Blumenpracht an einer alten Scheune.
Lasst uns grüßen ehrerbietig Baumriesen
von hundert Jahren und mehr, hundert Narben
auf dem Land, das beackert
mit der Kapelle auf dem Hügel;
dieses Land an Wolkengrenze,
Lenticularis wie Ballonfahrer:
Schwierig – selbst in kühler
Bahnsteigwartezeit beobachtend – schwierig,
diese Flugbahn zu berechnen.

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